Dr. Günther Flohrschütz (1917-2000)
- Geboren in Kempten am 27.5.1917, aufgewachsen in Ingolstadt
- 1936 Abitur am Humanistischen Gymnasium
- 1936 Arbeitsdienst in Ingolstadt
- 1936-1938 Militärdienst in Füssen
- 1938 mit dabei beim Einmarsch in der Tschechoslowakei
- 1938/39 2 Semester Forststudium
- 1939 September bis 1942 Kriegsdienst
- 28.11.1942 Verwundung im Kaukasus mit anschließender Amputation linker Oberschenkel und linker Oberarm, danach Rücktransport ins Lazarett Ingolstadt
- 1943 im Herbst: Schwabinger Krankenhaus München
- Neuanfang des Studiums (LMU) - Philologie, Lehramt für Geschichte, Deutsch und Latein
- 1944 Juli: Amputiertenlazarett in Tutzing
- 1945 Im März sterben bei einem Luftangriff beide Eltern
- Nach Kriegsende in Untermenzing München bei Großeltern zur Fortsetzung des Studiums
- 1946 das Staatsexamen
- Ab Mai Referendar am Theresien-Gymnasium München
- November Assessor Examen
- ab 17. November 1947 bis zur Pensionierung 1974 Lehrer am Gisela-Gymnasium München
- Anschließend gab er noch 5 Jahre etwa 10 Stunden wöchentlich am W.Hausenstein-Gymnasium
- In seiner Freizeit widmete er sich seinem Hobby – der Geschichte, speziell der Geneologie des frühen Mittelalters
- 1952 promovierte er an der LMU durch die Dissertation „Zur ältesten Geschichte der Herren von Bodmann“
- Danach forschte er vor allem im Bayerischen Raum. Für seine Forschung und die vielen Veröffentlichungen wurde ihm 1991 von der Bayerischen Akademie für Wissenschaften die Medaille „Bene Merenti“ verliehen
- Er starb am 5.3.2000 in München.
Dr. Günther Flohrschütz und sein Werk
Günther Flohrschütz,
der ursprünglich in den höheren Forstdienst eintreten wollte,
musste sich beruflich neu orientieren, als er mit schwersten Verletzungen
aus dem Zweiten Weltkrieg zurückkehrte. Er wandte sich deshalb
dem Beruf des Gymnasiallehrers zu, beabsichtigte aber auch, sein Geschichtsstudium
mit der Promotion abzuschließen. Schon damals, 1947, wollte ihm
sein Doktorvater, Prof. Max Spindler, eine Arbeit über die Freisinger
Ministerialität des Hochmittelalters anvertrauen, was ihm aber
zu diesem Zeitpunkt noch zu riskant schien. Doch das Thema Ministerialenforschung
sollte ihn in Zukunft nicht mehr loslassen.
Die Ministerialen sind eine bedeutende soziale Schicht von Personen
des Hochmittelalters, die zwar unter den Edel- oder Gemeinfreien stehen,
weil sie aus meist unbekannten Gründen ihre ursprüngliche
Freiheit verloren hatten und damit in die Unfreiheit abgesunken sind.
Aber dennoch übten sie unter der Oberhoheit und im Auftrag eines
mächtigen Adeligen die Ortsherrschaft aus und waren damit konkret
die Ortsherren. Aus ihnen entstand im Spätmittelalter der niedere
Adel.
Nach längeren Vorarbeiten erschien 1967 der erste Beitrag von Flohrschütz
über „Die Freisinger Dienstmannen im 10. und 11. Jahrhundert“
und eröffnete eine Reihe weiterer, ähnlich ausgerichteter
Publikationen. Es spricht für seine wissenschaftliche Gründlichkeit,
dass Flohrschütz zunächst in größter Breite aus
den hauptsächlich einschlägigen Quellen, den Traditionsbüchern
der Hochstifte, Domkapitel und Klöster, die Belege sammelte, damals
eine gewaltige Zettelkartei, um sich dann erst an die Auswertung zu
machen. Flohrschütz selbst hat in einem autobiographischen Rückblick
gesagt, dass ihn das Sammeln der Belege fast noch mehr begeistert habe
als das Ausarbeiten der Publikationen. Dem Forschungsschwerpunkt Freising
schlossen sich Arbeiten über St. Kastulus in Moosburg, Ebersberg,
die Vögte von Mödling, Tegernsee, Tegernbach, Weihenstephan
und den Wartenberger Raum an. Jeweils stand die Ministerialität
dieser Institutionen bzw. Hochadeligen im Mittelpunkt. Zum großen
Wittelsbacher-Gedenkjahr 1980 erschienen aus seiner Feder eine ganze
Reihe von Beiträgen zur Geschichte der Grafen von Wittelsbach bzw.
Scheyern. Es war für ihn sicherlich eine Bestätigung seiner
Forschungsarbeit, dass er zum großen sechsbändigen Werk „Wittelsbach
und Bayern“ einen der Leitaufsätze beisteuern durfte. Im
Laufe der Jahre machten sich das Alter und seine schweren Kriegsverletzungen
immer hemmender bemerkbar, weshalb Flohrschütz nach 1990 daran
ging, seine Forschungen abzurunden.
Aus dem in Jahrzehnten gesammelten Material entstanden noch einige wenige
kleinere Beiträge, die zum Teil noch nicht veröffentlicht
sind, vor allem aber eine größere Zusammenfassung seiner
Ergebnisse aller seiner Forschungen über die Ministerialität.
In ihr legte er in der ihm eigenen gewandten und eingängigen Formulierungsgabe
die Grundlinien der Ministerialität im altbayerischen Raum vor.
Auch sie hätte es wie der vorliegendeBeitrag über Lern verdient,
an geeignetem Ort publiziert zu werden. Mit seinen rund 25 Arbeiten
zur Ministerialität Altbayerns hat Günther Flohrschütz
der Nachwelt ein eindrucksvolles Werk hinterlassen, das eine der damaligen
Führungsschichten des Mittelalters in ein helles Licht rückt.
Zugleich wird manche orts- oder regional- geschichtliche Entwicklung
erst vor diesem Hintergrund verständlich.